Der dreißigjährige Krieg.
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Stadt war lutherisch. Friedrich ließ die Bilder und Zieraten aus der
Domkirche entfernen und richtete den Gottesdienst nach streng reformier-
ter Weise ein. „O wie schad', o wie großer schad'," schrieb ein luthe-
rischer Theologe, „um soviel edle Länder, daß sie alle dem Calvinismus
in den Rachen sollen gesteckt werden!" Der Kurfürst von Sachsen war
eifersüchtig auf Friedrichs neue Würde und besetzte sogar Schlesien und
die Lausitz für Ferdinand.
e. Schlacht am weißen Berge. Maximilian rückte in Böhmen
ein und zwar gerade aus die Hauptstadt Prag los, wohin sich Friedrich
zurückgezogen hatte. Auf dem weißen Berge bei Prag ordnete dessen
Feldherr und Ratgeber, Christian von Anhalt, das Heer. Tilly eröffnete
das Gefecht mit seinen Geschützen; aber der heftige Angriff durch Christian
von Anhalt brachte die Kaiserlichen zum Weichen. Da brachte ^Maxi-
milian mit gezogenem Degen die fliehenden Regimenter zum Stehen
und führte die Seinen zum Siege. Das protestantische Kriegsvolk floh
in wilder Unordnung und konnte weder durch Drohungen, noch durch
Bitten zur Schlacht'gebracht werden. Christian von Anhalt schrieb:
„Und wären Alexander, Cäsar und Karl der Große dabei gewesen, sie
hätten dieses Volk nicht zum Stehen gebracht." In einer Stunde war
das Unglück Böhmens und seines Königs entschieden: 4000 Böhmen
blieben auf dem Platze, zehn Kanonen und hundert Fahnen sielen dem 1620
Feinde in die Hände.
Friedrich, der die Nacht auf dem Prager Schlosse zugebracht
hatte, stand eben von der Tafel auf und ging auf den Wall, als ihm
die Flüchtigen entgegen kamen. Maximilian gab ihm acht Stunden Be-
denkzeit, ob er der Krone entsagen wolle. ' Friedrich war noch nicht
ohne Hülfe; denn Mansfeld hielt mit 8000 Mann Pilsen und andere
Punkte besetzt, 8000 Ungarn standen unter Bethlen Gabor vier Mei-
len von Prag, und in Prag selbst waren die Bürger zur Verteidigung
bereit. Aber noch in derselben Nacht floh der unmännliche König,
Krone und Land opfernd; er ging über Breslau nach Berlin und von
hier nach Holland, wo sein Schwiegervater Jakob l. ihn unterhielt. Der
Kaiser sandte ihm die Achtserklärung nach; das Volk nannte ihn spöttisch
den „Winterkönig", weil er nur einen Winter regiert hatte. Maximilian
zog noch an demselben Tage in Prag ein; die Katholiken jubelten, der
Papst hielt in Rom einen feierlichen Umzug. Erst nach drei Monaten
folgte das Gericht über Böhmen, weil man bis dahin die Truppen der
Protestanten gefürchtet hatte. Über Böhmen kam die Ruhe eines Kirch-
hofes. Die Union löste sich auf.
24 der vornehmsten Böhmen, unter ihnen ein neunzigjähriger Greis, wurden
auf dem Markte zu Prag öffentlich hingerichtet; aber alle zeigten Mut und Stand-
haftigkeit. Dann versprach man den Böhmen Verzeihung, wenn sic sich selbst anklagen
würden. 728 Adelige erschienen darauf hin; aber man beraubte sie ihrer Güter. Auch
mußten die evangelischen Prediger und Lehrer das Land räumen; dafür kamen die
Mönche und Jejuiten ins Land, welche alle evangelischen Bücher verbrannten. Die
Protestanten wurden vom städtischen Rat ausgeschloffcn; die, welche nicht freiwillig
katholsich wurden, bekamen Einquartierung, „damit ihre Drangsale ihnen Einsicht ver-
Ichaffen möchten." Vielen aber ging der evangelische Glaube über Heimat und Besiü,
an 30 000 Familien verließen Böhmen, darunter 185 alte Adelssamilien. Ähnlich
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrichs Ferdinand Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich Christian_von_Anhalt Tilly Christian
von_Anhalt Christian_von_Anhalt Alexander Alexander Cäsar Karl_der_Große Karl Friedrich Friedrich Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich Gabor Jakob_l Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Domkirche Sachsen Friedrichs Prag Prag Prag Prag Berlin Holland Prag Rom
Der dreißigjährige Krieg.
145
wurden durch seinen Tod entmutigt, auch fehlte ihnen das Pulver. In-
zwischen hatte Pappenheim schon vier Regimenter auf den Wall geführt.
Trotz des Widerstandes in der Stadt, wo die Frauen Siegel von den
Dächern warfen und die Bürger aus den Fenstern schossen,'fiel Magde-so.mni
bürg. 1631
Bon den Mauern feuerten die Feinde mit den Kanonen der Verteidiger in die
Stadt. Um neun Uhr ertönte ringsum das alte Siegesgeschrci der Deutschen in den
Straßen: „All' gewonnen, all' gewonnen." Eine wilde Schar von 30 000 Kroaten,
Ungarn, Italienern, Niederländern und Deutschen ergoß sich jetzt in die Stadt,
mordend und plündernd, und Greuel wie nie zuvor wurden gesehen. In einer Kirche
fand man 53 Frauen mit abgehauenen Köpfen; die Straßen waren mit röchelnden und
zuckenden Körpern bedeckt, kein Haus war ohne Blut. Um zehn Uhr entstand ein all-
gemeiner Brand, der bis zum Abend dauerte. Von 723 Häusern blieben außer dem
Dome und einem Kloster nur 139 übrig, von 35 000 Einwohnern etwa 5000. Tausend
Unglücklichen, die bei der Plünderung des folgenden Tages aus dem Dome befreit
wurden, schenkte Tilly das Leben und ließ ihnen Brot austeilen. Auch den übrigen
Lebenden wurde bei Trommelschlag Pardon verkündigt. Die Gefangenen, welche sich
nicht auslösen konnten, wurden niedergehauen oder verkauft. In Halberstadt kamen
sechs Wagen voll kleiner elternloser Kinder aus Magdeburg auf den Markt; viele der-
selben wurden in Klöster gebracht und dort katholisch erzogen. — Am 25. Mai hielt
Tilly seinen feierlichen Einzug; in der Domkirche wurde eine Messe gelesen, das Tedeum
gesungen, um die Stadt herum mit allen Kanonen dreimal Victoria geschossen. Tilly
bedauerte, den wichtigen Waffenplatz in solchem Zustande zu sehen; nach Wien wurde
berichtet, seit Trojas und Jerusalems Zerstörung sei eine solche Victoria nicht gesehen.
Es war der letzte Sieg Tillys!
e. Gustav Adolfs Siegeszug durch Deutschland. Bald nachher
überschritt Gustav Adolf bei Tangermünde die Elbe und bezog ein festes
Lager bei Werben. Hier vereinigte sich der mutige Landgraf Wilhelm
von Hessen mit ihm, ein würdiger Nachkomme Philipps; ein anderer
protestantischer Fürst, Bernhard von Weimar, ein tapferer Urenkel
Johann Friedrichs, war schon im Lager Gustavs. Tilly besetzte sofort die
Länder dieser Herren und versuchte dann, das schwedische Lager bei
Werben zu erstürmen; aber vergebens, er mußte zurück. Gustav Adolf
setzte nun auch unter seiner Oberhoheit die Herzoge von Mecklenburg
wieder ein. Tilly aber zog nach Kursachsen, um dieses Land zu
verwüsten. Der Kurfürst Johann Georg daselbst hatte mit andern
protestantischen Fürsten den Leipziger Konvent geschlossen, um sich
den Schweden, wie dem Restitutionsedikte zu widersetzen. Dafür wollte
ihn jetzt Tilly züchtigen, und seine Truppen brachten den Kurfürsten zur
Verzweiflung.^ Er wandte sich an Gustav Adolf, der aber einen drei-
monatlichen Sold für seine Truppen, die Festung Wittenberg und den
Kronprinzen als Geisel forderte. Der Kurfürst antwortete: „Nicht nur
Wittenberg, sondern ganz Sachsen soll ihm offen stehen; meine ganze
Familie will ich ihm zu Geiseln geben, und ist ihm dies nicht genug,
so will ich mich selbst darbieten." Da vereinigte sich der König mit ihm
und führte seine Truppen gegen Tilly. Die etwa gleich starken Heere
trafen einander bei Breitenfeld (nördlich von Leipzig). Der König 1631
befahl, daß das sächsische Heer für sich allein fechten solle; denn er
fürchtete, daß es nicht standhalten und seine Truppen mit verwirren
möchte. Tilly selbst warf sich mit großer Gewalt auf die Sachsen
Hosfmeyer und Hering, Hülfsbuch Ii. <0
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: 723_Häusern Tilly Tilly Tilly Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolf Gustav Adolf Wilhelm Philipps Bernhard_von_Weimar Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Gustavs Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Johann_Georg Johann Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Pappenheim Ungarn Niederländern Halberstadt Magdeburg Domkirche Wien Jerusalems Deutschland Hessen Schweden Wittenberg Wittenberg Sachsen Breitenfeld Leipzig Sachsen
Hosfmeyer
150
Neue Geschichte.
Unterdessen herrschte in der Stadt tiefe Ruhe. Wallenstein hatte sich lange mit
seinem Astrologen Seni besprochen und sich früh zu Bette gelegt. Es war eine
finstere, unfreundliche Nacht; der Wind heulte, die Fenster klirrten. Die Mörder
besetzten die ganze Stadt mit Soldaten und drangen mit einer Anzahl Dragoner in
das Haus Wallcnsteins. Von den Schildwachen wurden sie sorglos eingelassen; ein
Kammerdiener, der sie im Vorzimmer aufhalten wollte, ward niedergestoßen; ein
anderer entfloh mit dem Schrei: „Rebellen, Rebellen!" Der Herzog, von dem Lärm
erwacht, sprang aus dem Bette und fragte die Schildwache am Fenster, was es
gebe. Da erbrachen die Dragoner die Thür. und Deveroux (spr. Deweru) drang
mit vorgehaltener Hellebarde hinein und ries: „Bist du der Schelm, der Seiner
Kaiserlichen Majestät die Krone vom Haupte reißen will? Du mußt jetzt sterben!"
Ohne einen Laut von sich zu geben, empfing Wallenstein den Todesstoß. Er war
5 i Jabre alt. Einer der Dragoner wollte die Leiche zum Fenster hinauswerfen;
Deveroux aber wickelte sie in einen vom Tische genommenen Teppich. Als sic nach
einigen Tagen eingesargt werden sollte, mußte man dem Toten die Beine brechen,
weil der Sarg zu klein geraten war. Die Mörder bemächtigten sich der Kostbarkeiten
des Herzogs und baten den Kaiser um Lohn und Beförderung. Diesen bewegte das
Ende Wallensteins bis zu Thränen: er ließ ihm 3000 Seelenmessen lesen und gab
seiner Witwe ein Schloß in Schlesien.
Hatten die deutschen protestantischen Fürsten sich bisher dem mächtigen
Schwedenkönige nur widerwillig gebeugt, so wollten sie sich nach dessen
Tode den Anordnungen schwedischer Generale und Minister noch weniger
unterordnen.
Nach dem Morde Wallensteins führte der Erzherzog Ferdinand
die kaiserlichen Heere. Er schlug die Schweden in der blutigen Schlacht
1634 bei Nördlingen in Bayern. Durch diesen Sieg gewannen die Kaiser-
lichen ganz Oberdeutschland und drängten die Schweden nach Nord-
deutschland. Infolgedessen schloß der Kurfürst Johann Georg von
Sachsen mit dem Kaiser im folgenden Jahre einen Frieden zu Prag.
4635 durch welchen Sachsen die Lausitz erhielt. Diesem Frieden trat auch
Brandenburg bei.
4) Per französisch-schwedische Krieg (1635—1648); Ariede.
a. Letztes Ringen. Seitdem fielen immer mehr deutsche Fürsten und
Städte vom Bündnis mit den Schweden ab, indem sie sich dem „Prager
Separatfrieden" anschlossen. Sie suchten die Schweden vom deutschen
Boden zu vertreiben. Diesen aber schloß sich Frankreich an, und
beide Mächte führten jetzt nur noch den Kampf, um in Deutschland Er-
oberungen zu machen. Während Bernhard v o n W e i m a r mit Frank-
reichs Hülfe die Kaiserlichen im Elsaß bekämpfte, besiegten die Schweden
das sächsisch-kaiserliche Heer bei Wittstock in Brandenburg (1036) und
nahmen an diesem Lande^furchtbare Rache für den Abfall seines Fürsten
von der protestantischen Sache. Der schreckliche Krieg dauerte noch über
zehn Jahre, denn keine der beiden Parteien konnte die andere ganz zu
Boden werfen. Erst unter dem Kaiser Ferdinand Iii. (1637—1657) kam
der Friede endlich zustande. In Prag hatte der große Krieg begonnen,
dort sollte er auch enden. Die Schweden hatten schon einen Teil der
Stadt, die sog. Klein sei te, erobert, da gab der Kaiser nach.
b. Friede. Am 6. August 1648 wurde der Friede zu Osnabrück
mit Schweden, am 17. September zu Münster mit Frankreich unter-
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Johann_Georg_von
Sachsen Johann Bernhard Ferdinand_Iii Ferdinand August
Extrahierte Ortsnamen: Haus_Wallcnsteins Schlesien Schweden Bayern Oberdeutschland Schweden Sachsen Brandenburg Schweden Schweden Frankreich Deutschland Schweden Wittstock Brandenburg Prag Schweden Frankreich
S10
Neue Geschichte.
geerbt, von seinem Großvater mütterlicherseits Spanien, Neapel und
Sicilien, sowie die spanischen Besitzungen in Amerika, von seinem Groß-
vater väterlicherseits, dem Kaiser Maximilian, die österreichischen Erb-
länder. Schon damals sagte man, in Karls Reiche gehe die Sonne nie
1521 unter. 1521 hielt er in Worms seinen ersten glanzenden Reichstag,
auf welchem auch die Sache Luthers beigelegt werden sollte. Kurfürst
Friedrich hatte immer darauf bestanden, daß die Sache durch deutsche
Richter unparteiisch untersucht werde. Am 26. März brachte der Reichs-
herold Luther die feierliche Vorladung nach Wittenberg, zugleich den
Brief, in welchem ihm freies kaiserliches Geleit versprochen wurde. Am
16. April sollte Luther in Worms erscheinen. Der Rat zu Wittenberg
lieh ihm zur Reise einen Wagen, der eine Decke gegen Sonne und Regen
hatte. Beim Abschiede sagte Luther zu Melanchthon: „Komme ich nicht
wieder und morden mich meine Feinde, so beschwöre ich dich, lieber
Bruder, laß nicht ab zu lehren. Du kannst es noch besser." Der kaiser-
liche Herold ritt dem Wagen voran; überall wurde Luther freudig em-
pfangen, und auch die Fürsten, durch deren Länder der Wagen (sing,
hatten ihm Geleitsbriefe ausgestellt.
In Leipzig wurde Luther vom Magistrat ehrenvoll begrüßt; in den thüringischen
Städten strömte ihm das Volk entgegen, um den Wundermann zu sehen. In Erfurt
tvurde er vom Rektor der Universität an der Spitze eines stattlichen Zuges, darunter
vierzig zu Pferde, an der Grenze des Stadtgebiets feierlich eingeholt. In Weimar
sagte man Luther, er gehe auf den Scheiterhaufen, wie Huß. Luther antwortete:
„Und ob sie zwischen hier und Worms ein Feuer anzündeten, das bis zum Himmel
ginge, so wollte ich doch mitten hindurch gehen." In Möhra predigte er vor so großer
Menge, daß die Kirche sie nicht fassen konnte und er die Predigt unter der Dorflinde
halten mußte. Auf dem Wege von Eisenach bis Frankfurt hatte Luther fortwährend
mit Krankheit zu kämpfen. Der Satan, sagt er, habe ihn am Kommen verhindern
wollen. Luthers Feinde hofften, er werde aus Furcht wegbleiben. Noch einmal
erhielt er eine Warnung; sie kam von dem Haupte der Reichsritter, von Franz von
Sickin gen, der ihm seine Ebernburg im Nahethal als Zufluchtsort anbot. Auch
Luthers Freund, der Hofprcdiger Spalatin aus Wittenberg, warnte ihn, so gerades
Weges in die Stadt zu gehen, weil die Sachen dort so übel ständen. Luther aber
sprach: „Und wenn soviel Teufel in Worms wären als Ziegel auf den Dächern, so
wollte ich doch hinein!"
Am 16. April langte Luther vormittags um zehn Uhr in Worms an. Er fuhr
in seiner Mönchstracht auf offenem Wagen; voran ritt der kaiserliche Herold. Viele
reitende Begleiter hatten sich unterwegs um Luther gesammelt; nach dem Berichte
eines päpstlichen Gesandten kam er mit etwa hundert Pferden ans Thor. Sobald der
Wächter auf dem Turme des Domes seine Ankunft durch Trompetenstoß anzeigte, eilte
eine Menge Volks herbei, ihn zu sehen. Man zählte an 2000 Menschen, die sich
um ihn drängten. Als Luther vom Wagen stieg, blickte er um sich und sprach:
„Gott wird mit mir fein." Gleich am ersten Tage erhielt er von vielen Grasen,
Priestern und Laien Besuche bis tief in die Nacht hinein. Schon am nächsten Morgen
wurde er durch den Neichserbmarfchall auf abends vier Uhr vor die Reichsversammlung
beschiedcn. Um diese Zeit war das Gedränge des Volks auf den Straßen so groß,
daß viele aus die Dächer stiegen, Luther zu sehen; nur durch Gärten und auf Seiten-
wegen konnte er zum Reichstage gelangen. Zwei Stunden mußre er warten, bis er
in den Reichstag geführt wurde. Als Luther sich um sechs Uhr zur offenen Saalthür
des Reichstags drängte, klopfte ihm der alte Kriegsmann Frundsberg auf die
Schulter mit den Worten: „Mönchlcin, Mönchlein, du gehst jetzt einen Gang, einen
Stand zu thun, dergleichen ich und mancher Oberster auch in unsern allerernstesten
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Karls Friedrich Friedrich Luther Melanchthon Luthers Franz_von
Sickin Franz Luthers
Erfindungen im Mittelalter.
87
und Kugeln gegen feindliche Städte geschleudert werden könnten. Diese
erste Feuerwaffe nannte man ebenfalls Mörser; man benutzt sie noch
heute zum Werfen der schweren Bomben. Allmählich verlängerte man
die Mörser, und so entstanden die Kanonen (d. i. Röhren), oder,
wie sie damals hießen, die Lombarden, Donner- und Wall-
büchsen. Um 1400 war das schwere Geschütz schon ziemlich allgemein
im Gebrauch; zum erstenmal soll es >346 in einer Schlacht zwischen
Engländern und Franzosen Verwendung gefunden haben. Später goß
man auch leichtere Geschütze, die ein Mann tragen konnte; sie hießen
Handbüchsen oder Flinten, die bis in die neueste Zeit die mannig-
fachste Veränderung erfahren haben.
Durch die neuen Waffen wurde die bisherige Kampfweise und
Kriegsführung gänzlich verändert. Es kam nicht mehr alles auf die
persönliche Tapferkeit des Einzelnen, sondern mehr auf die geschickte Lei-
tung des ganzen Heeres an; der feigste Soldat konnte den tapfersten
Ritter mit seiner Flinte aus der Ferne zu Boden strecken. Mit äußerster
Erbitterung eiferten daher die Adeligen lange gegen diese „heimtückische,
unehrliche" Waffe. Dennoch gewann dieselbe bald die Oberhand.
b. Die Buchdruckerkunst; Gutenberg. Für die Werke des Frie-
dens ist die Erfindung der Buchdruckerkunst von großem Segen ge-
worden. Früher mußten die Bücher alle geschrieben werden. Während
des Mittelalters besorgten diese Arbeit fast allein die Mönche, entweder
aus Liebhaberei, oder als Buße, oder des Gewinns halber; manche
waren auch durch ihre Ordensregel dazu verpflichtet. Einer schrieb, der
andere sah das Geschriebene nach, ein dritter malte die hübschen Anfangs-
buchstaben und Randverzierungen in den mannigfachsten Farben und oft
in reicher Vergoldung. Solche Bücher waren daher sehr teuer, nur
Fürsten und reiche Leute konnten sie kaufen. Eine Bibliothek war be-
rühmt, wenn sie 100 Bände besaß; große Gelehrte besaßen nicht
mehr als 10, höchstens 20 Bücher. Eine Bibel wurde oft mit 1000
Goldgulden bezahlt; ein so wertvoller Schatz wurde natürlich vorsichtig
bewacht und lag oft an schweren Ketten. Wie wenige Leute hatten
Gelegenheit, eine Bibel zu sehen! Luther hatte bis zu seinem 20. Lebens-
jahre noch keine gesehen.
Die Kunst, Bücher zu drucken, ist aus der Holzschneidekunst
hervorgegangen. Man verstand nämlich schon längst, Bilder auf Holz-
platten erhaben auszuschneiden und mit Olschwärze Abzüge auf Papier
zu machen. So entstanden Heiligenbilder, Totentänze (in denen der Tod
unter allerlei Gestalten mit Menschen aus den verschiedensten Ständen zum
Grabe tanzt) und Spielkarten. Man lehrte das Volk durch Bilder, da es
das Lesen ja nicht verstand. Bald sing man an, unter dem Bilde auch
Worte auszuschneiden: den Namen der dargestellten Person, einen Sinn-
spruch oder eine kurze Beschreibung; ja zuletzt fertigte man mittels solcher
Holztafeln kleine Schriften (Lesebüchlein, Grammatiken) ohne Bilder. Für
jede Seite des Buches mußte man eine besondere Tafel ausschneiden,
die man dann aber oft abdrucken konnte.
Johann Gutenberg hatte nun den glücklichen Gedanken, ein-
zelne Buchstaben auszuschnitzen und diese beim Abdrucken unter
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Gutenberg Johann
124
Neue Geschichte.
war. Da ließ der Kurfürst, der an der rechten Seite der Elbe stand,
die Brücke bei Meißen in Brand stecken und zog längs der Elbe nach
Mühlberg, um Wittenberg zu erreichen. Karl folgte auf dem
linken Ufer nach und kam schon am folgenden Tage Mühlberg gegenüber
an. Als die Sachsen seine Wachtfeuer brennen sahen, meinte der Kur-
fürst, 'es sei Moritz, und blieb die ganze Nacht ruhig. Karl wollte den
Kurfürsten angreifen, bevor dieser Wittenberg erreichen könne; an einer
seichten Stelle führte er sein Heer auf das jenseitige Ufer.
Ein junger sächsischer Bauer, dem die Sachsen zwei Pferde weggenommen hatten,
erklärte sich aus Rache bereit, dem Heere eine Furt durch die Elbe zu zeigen, wofür
ihm Moritz zwei Pferde und 100 Kronen verhieß. Am anderen Morgen, als der
Fluß mit dichtem Nebel bedeckt war, wollten spanische Hakenschützen, die bis an die
Brust ins Wasser treten mußten, den Übergang des Heeres decken; aber das heftige
Feuer der Sachsen trieb sie zurück. Da äußerte der Kaiser, man müsse dem Feinde
seine Nachen nehmen. Sogleich sprangen zehn kühne Spanier, den Degen im Munde,
in die Elbe, schwammen hinüber und fielen die Sachsen, welche die Kähne besetzt
hielten, an. Nach blutigem Gefecht siegten sie und kamen in den Nachen zurück.
Diese wurden nun mit tüchtigen Schützen bemannt, welche die Feinde beschäftigten,
während die Reiterei durch jene Furt hinüberging. Jeder Reiter nahm noch einen
Fußsoldaten hinter sich aufs Pferd. Bald gingen auch Karl. Ferdinand, Moritz und
Alba durchs Wasser, wobei jener Bauer des Kaisers Pferd führte. Zuletzt schlug
man mit Hülfe der Kähne eine Schiffsbrücke, aus welcher auch das Fußvolk und der
Schicßbcdarf nachkam. Noch bevor letzterer ankam, stellte Karl sein Heer in Schlacht-
ordnung. Freudig ritt er die Reihen auf und nieder, sein andalusisches Streitroß
tummelnd; heute merkte ihm keiner die Gicht an. Eine Lanze hielt er in der Rechten,
sein vergoldeter Helm und Harnisch leuchteten in der Morgensonne, weithin erkannte
nian ihn an seiner reichgestickten Feldbinde und seiner roten Roßdecke.
Es war ein Sonntagmorgen. Der Kurfürst, welcher behauptete,
das kaiserliche Heer könne noch nicht nahe sein, war nach seiner frommen
Gewohnheit zur Kirche gegangen. Als er hier die Nachricht von dem
Übergange der Feinde hörte, wartete er doch erst das Ende der Predigt
ab. Dann eilte er in einem Wagen von dannen; denn er war so be-
leibt , daß er sein Roß nur mit Hülfe einer Leiter besteigen konnte. Er
hoffte, mit seinem Heere Wittenberg zu erreichen; aber Moritz und Alba,
die Anführer der spanischen und italienischen Reiterei, brachten ihn auf
1547 der Lochauer Heide, drei Stunden von Mühlberg, zum Stehen. Der
Kurfürst konnte nicht daran denken, mit seiner geringen Macht den über-
legenen Feind zu schlagen; dennoch hoffte er. mit seinen Truppen den
Feind bis zum Abend aufzuhalten, um im Dunkel der Nacht Witten-
berg zu erreichen. Aber sein Schicksal wurde noch denselben Abend ent-
schieden. Unter der Anführung von Moritz und mit dem Kriegsgeschrei:
„Hispania, Hispania!" warf sich die kaiserliche Reiterei auf die sächsischen
Reiter und schlug sie zurück. Diese warfen sich jetzt fliehend auf ihr
eigenes Fußvolk und brachten es in Verwirrung. Als nun auch das
kaiserliche Hauptheer ankam und mit angriff, war die Flucht der Sachsen
bald allgemein. Die Verfolgung erstreckte sich über die ganze Heide, wohl
3000 Sachsen lagen in langer Reihe erschlagen auf dem Schlachtselde.
Der Kurfürst selbst wurde gefangen genommen.
Des Kurfürsten Sohn entkam schwerverwundet nach Wittenberg. Sein Dater
bestieg, um schneller fliehen zu können, einen starken friesischen Hengst, wurde aber
dennoch von ungarischen Reitern eingeholt. Diesen wollte er sich nicht ergeben und
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Moritz Karl Moritz Ferdinand Moritz Karl Karl Moritz Moritz
Die Bartholomäusnacht.
131
„Bist du Coligny?" schrie ihm einer entgegen. „Ich bin's", erwiderte
der Admiral rlchig, „junger Mann, habe Achtung vor meinen grauen
Haaren." Aber dieser stieß dem alten Manne den Degen in den Leib;
viele andere Stöße und Hiebe folgten nach. Den Leichnam warf man
zum Fenster hinaus. Zu derselben Zeit hatte auch das Morden auf
den Straßen begonnen. So heftig der König vor dem Anfange des
Blutbades gezittert hatte, um so wütender wurde er nachher. Mehrmals
rief er zum Fenster hinaus: „Tötet, tötet!" Ja, er soll selbst auf die
Fliehenden geschossen haben. Seinen neuen Schwager, Heinrich von
Navarra, und den Prinzen Conde ließ er in der Nacht zu sich kommen
und erklärte ihnen mit wilder Miene: „Die Häupter der Hugenotten
werden soeben auf meinen Befehl getötet. Euch will ich, in Anbetracht
eurer Jugend, verschonen; doch verlange ich, daß ihr zur katholischen
Kirche zurückkehrt." Heinrich versprach in der Angst alles; Prinz Conde
weigerte sich und erhielt drei Tage Bedenkzeit. Noch zwei Tage währte
das Morden. Dann durchzog der König mit seiner Höflingsschar die
leichenerfüllten Straßen und weidete sich an dem gräßlichen Anblick. Auch
Colignys Leichnam fand man; der Pöbel hatte ihn auf alle Art ver-
stümmelt und endlich bei den Beinen an einen Galgen gehängt. Als
nun einige Höflinge vor dem Gerüche der Leiche sich abwandten, "trat der
König noch näher hinzu und sprach: „Ein toter Feind riecht immer gut!"
Aber nicht nur in Paris, sondern in fast allen Provinzen wurden
in diesen Tagen die Hugenotten ermordet. Nur wenige Statthalter hatten
den Mut, sich zu widersetzen; einer vernichtete den Befehl auf der Stelle,
ein anderer schrieb, er habe in der Stadt gute Bürger und mannhafte
Soldaten, aber keinen Henker gefunden. 'Beide stürben bald darauf,
man vermutete, an Gift. Die furchtbare Mordnacht nennt man wegen
des darauf folgenden Bartholomäustages die Bartholomäusnacht,
oder auch, weil sie bald nach der Hochzeit des Königs Heinrich von Na-
varra stattfand, die Pariser Bluthochzeit. Das Ereignis erregte
im Auslande teils Freude, teils Abscheu.
Der „heilige Vater", Gregor Xiii., ließ ein Dankfest feiern, die Kanonen lösen
und eine Münze auf die Vernichtung von mindestens 35 000 Ketzern schlagen; ebenso
triumphierte Philipp Ii. von Spanien; England und Deutschland aber äußerten laut
ihren Abscheu, und Kaiser Maximilian Ii., Karls Ix. Schwiegervater, sprach: „Wollte
Gott, mein Tochtermann hätte mich um Rat gefragt; wollte ihm treulich als ein
Vater geraten haben, daß er solches nimmer gethan hätte."
c. Edikt von Nantes. Schon zwei Jahre nachher starb Karl Ix.,
von Gewissensbissen gequält, an einer unheilvollen Krankheit, die ihn bald
nach der Buthochzeit überfallen hatte. Nach dem Tode seines Bruders,
Heinrichs Iii. (1589), folgte jener Heinrich von Navarra als Heinrich Iv.
Dieser erließ das Edikt von Nantes (spr. Nangt), durch welches die 1598
Hugenotten gleiche Rechte mit den Katholiken erhielten, und machte so
den blutigen Religionskriegen ein Ende. Dafür fiel er aber durch Mörder-
hand. (1610.)
9 *
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Coligny Heinrich_von
Navarra Heinrich Heinrich Heinrich Colignys Heinrich_von_Na- Heinrich Gregor_Xiii Gregor Philipp_Ii Philipp Maximilian_Ii Maximilian Karls Karl_Ix. Karl_Ix. Heinrichs Heinrichs Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Paris Spanien England Deutschland Karls Nantes Nantes
144
Neue Geschichte.
auf und forderte die Bürger Berlins zur Verteidigung auf. Da rückte
der erzürnte König mit zwei Regimentern bis auf eine Viertelmeile vor
die Stadt. Der Kurfürst zog ihm entgegen, und aus Bitten der Kur-
fürstin übernachtete Gustav Adolf in Berlin; hier sagte er: „Meine Reise
geht nach Magdeburg, es zu entsetzen. Will mir'niemand helfen, so
ziehe ich wieder nach Stockholm. Aber am jüngsten Gerichte werdet
ihr Evangelischen angeklagt werden, daß ihr um des Evaiigeliums
willen nichts habt thun wollen, und es wird euch wohl hier schon ver-
golten werden. Denn geht Magdeburg verloren, und ziehe ich mich zurück,
so sehet zu, wie es euch gehen wird." Da willigte Georg Wilhelm
ein, daß der König Spandau bis zur Befreiung Magdeburgs besetze.
Sofort zogen die Schweden über Potsdam der Elbe zu. Hier aber er-
hielt Gustav Adolf die Schreckensnachricht, daß Magdeburg gefallen und
verbrannt sei.
b. Zerstörung Magdeburgs. Magdeburg hatte einst dem
Augsburger Interim, jetzt dem Restitutionsedikte widerstrebt; die Stadt
widersetzte sich der Aufnahme des neuen katholischen Fürstbischofs sowie
kaiserlicher Besatzung. Von dem Kaiser in die Acht gethan, war sie
schon den ganzen Winter über von Pappenheim, einem andern Feld-
herrn der Liga, belagert worden. Dann war Tilly mit seinem Heere zu
ihm gestoßen. Innerhalb vier Wochen drangen die Kaiserlichen bis dicht
an die Mauern vor. Die Stadt wurde durch Falkenberg tapfer ver-
teidigt; dieser aber hatte geringe Truppen und wenig Pulver, während
die Feinde aus acht Batterieen täglich 12 — 1800 Kugeln in die Stadt
warfen. Dennoch verzagte der Befehlshaber nicht, er hoffte auf Entsatz
durch Gustav Adolf. In dieser Hoffnung bestärkte ihn Tilly selbst, als
derselbe am 19. Mai mit der Kanonade plötzlich inne hielt und die bisher
so eifrig benutzten Geschütze abführen ließ. Die Magdeburger glaubten
Gustav'adolf nahe. Aber Tilly rüstete sich auf Zureden'seiner besten
Räte zum Sturm, die Stadt sollte an fünf Punkten zugleich angegriffen
werden. Die Soldaten mußten sich um fünf Uhr morgens bereit halten;
eine dreitägige Plünderung der reichen Stadt wurde ihnen versprochen,
ein Kanonenschuß sollte das Zeichen zum Angriff sein. Die Bürger und
Soldaten waren bis nach Mitternacht wachsam auf ihren Posten; da
aber alles still blieb, verließen sie mit der Morgendämmerung ihre
Stellungen, unr einige Stunden der Ruhe zu pflegen, und die Soldaten
überließen sich gleichfalls dem Schlummer. Da ließen die Wächter auf
dem Dom und' der Iakobikirche eiligst melden, sie sähen das Lager der
Kaiserlichen in voller Bewegung. Bald wurde Lärm geblasen, die Kriegs-
fahne ausgefteckt. Alles eilte' zu den Waffen; doch es war schon zu
spät. Der Anlauf war gegen ein dicht vor der Mauer erbautes Werk
gerichtet, und da die Sturmpfähle im Graben schon früher umgeworfen
waren, konnten die Kaiserlichen ohne Mühe ihre Leitern anlegen. Mit
dem Geschrei „Jesus Maria" erstiegen sie die Brustwehr, wo niemand
einen Überfall erwartete und nur die Schildwachen schußfertig standen.
Die Besatzung rettete sich durch eine kleine Thür der Mauer, ihr nach
die Pappenheimer. Falkenberg drängte hier die Feinde zurück, fiel aber
von einer Kugel durchbohrt an der Spitze der Seinen. Seine Soldaten
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Falkenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Tilly Falkenberg
Extrahierte Ortsnamen: Berlins Berlin Magdeburg Stockholm Magdeburg Spandau Magdeburgs Schweden Magdeburg Magdeburgs Magdeburg Pappenheim
146
Reue Geschichte.
und schlug sie in die Flucht. Der Kurfürst war einer der Ersten, die
sich aus dem Staube machten. Die Schweden dagegen wiesen einen
siebenmaligen Angriff Pappenheims ab. Der König nahm selbst mit
den Seinen die kaiserlichen Geschütze und wandte sie gegen den Feind,
der nach fünfstündigem Gefecht geworfen wurde. Lilly selbst war mehr-
mals verwundet und wäre beinahe gefangen worden. (Der lange Fritz.)
Erst in Halle kam er. der nach 36 Siegen zum erstenmal geschlagen
war, mit Pappenheim zusammen; dann gingen sie nach Westfalen.
Gustav Adolf dankte noch aus dem Schlachtfel'de Gott auf den Knieen
für den Sieg und wandte sich durch Thüringen an den Main und
dann durch Franken gegen Frankfurt und Mainz. Im Frühling
1632 vertrieb er Lilly aus Franken und zog in Nürnberg ein, dessen
protestantische Bevölkerung ihn freudig empfing. Lilly wollte die Grenze
Bayerns verteidigen und verschanzte sich stark bei Rain, nahe der
Mündung des Lechs. Der König eroberte Donauwörth und suchte
dann den Leck zu überschreiten. Aber alle Brücken waren abgebrochen.
Da ließ er graste bei Tillys Stellung Batterieeu errichten und schlug
unter dem Schutze ihres Feuers eine Brücke. Dann vertrieb er die
Feinde aus ihrer Stellung, wobei Lilly von einer Kanonenkugel über
dem rechten Knie so schwer getroffen wurde, daß er vom Pferde sank.
Ohnmächtig wurde er nach Ingolstadt gebracht, wo er nach 15 schmerz-
vollen Tagen starb.
Noch zuletzt sagte er, mau solle Regensburg tu acht nehmen, sonst käme des
Kaisers Krone tu Gefahr. Dann rief er noch zweimal: „Regensburg, Regensburg!"
So starb der „alte Korporal", wie ihn Gustav Adolf wegen seiner tüchtigen Haltung
nannte, im 73. Jahre. Er hinterließ nur ein kleines Vermögen; denn er hatte weder
Titel noch Geschenke angenommen und sich selbst niemals bereichert.
Gustav Adolf ging nach Augsburg, wo die Häuser der reichen
Fugger zu seinem Empfange bereit standen. Nachdem er dort den
lutherischen Gottesdienst hergestellt, belagerte er Maximilian von Bayern
vergeblich in Ingolstadt. Aber der Kurfürst verließ die Stadt auf das
Gerücht, daß^eine schwedische Abteilung auf Regensburg ziehe, und be-
mächtigte sich dieser wichtigen Reichsstadt. Gustav Adolf zog darauf
nach München, wo er reiches Kriegsmaterial fand.
Als die Abgeordneten von Landshut um Schonung für ihre Stadt baten, antwortete
Gustav Adolf gegen seine Gewohnheit: „Ich weiß schier nicht, ob ihr Menscken oder
Tiere seid. Ihr schneidet meinen Soldaten Ohren und Nasen ab und hackt ihnen
Hände und Füße herunter. Was soll ich denn Barmherzigkeit au euch üben?" Dennoch
konnte sich die Stadt mit 100 000 Gulden loskaufen. — Der kurfürstliche Hof war
von München nach Salzburg geflohen. Der König besichtigte das schöne kurfürstliche
Schloß und erfuhr von dem Diener, daß der Kurfürst selbst der Baumeister sei. „Ich
wünschte diesen Baumeister zu haben," sprach er, „ich wollte ihn nach Stockholm schicken."
Der Aufseher antwortete: „Davor wird sich der Baumeister zu hüten wissen."
Im Zeughause fand Gustav Adolf zu seiner Verwunderung nur Lafetten, keine
Kanonen. Da entdeckte ein Bauer, indem er den Fußboden aufhob, 140 Kanonen,
die Gustav Adolf als Beute nach Augsburg abführte.
Ganz Süddeutschland war in schwedischer Gewalt. Früher hatte man
in Wien gesagt, der „Schneekönig" werde schnell vor der kaiserlichen
Glückssonne schmelzen, jetzt lag der ganze Kaiserstaat wehrlos vor ihm.
Nur Wallenstein konnte retten. Schon bald nach der Schlacht bei
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg]]
Extrahierte Personennamen: Pappenheim Gustav_Adolf Gustav Adolf Donauwörth Lilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Maximilian_von_Bayern Maximilian Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Main Frankfurt Mainz Nürnberg Bayerns Tillys Ingolstadt Regensburg Augsburg Ingolstadt Salzburg Stockholm Wien
148
Neue Geschichte.
Nacht in seinem Wagen zu, in welchem er sich mit Bernhard von
Weimar und dem General Kniphausen aus Ostfriesland (S. 143)
besprach. Wallenstein ließ in derselben Nacht die Gräben an der Land-
straße vertiefen, damit sie seinen Musketieren als Brustwehren dienen
könnten. Er deckte seinen rechten Flügel bei Lützen durch eine große
Schanze mit vierzehn Geschützen auf dem Windmühlenbergedem
höchsten Punkte der Gegend. Bei dichtem Nebel, der jede Aussicht hin-
derte, ordnete der König am andern Morgen sein Heer. Als man ihm
den Panzer anbot, wies er ihn mit den Worten zurück: ..Gott ist mein
Harnisch/' Dann knieete er nieder zum Gebet, während sein Heer beim
Klange der Trompeten und Pauken das Lied Luthers: „Ein' feste Burg
ist unser Gott" und das von Gustav Adolf selbst gedichtete „Verzage
nicht, du Häuflein klein" anstimmte. Als gegen 1 l Uhr der Nebel fiel
und der Feind sichtbar wurde, ries der König: „Nun wollen wir dran!
das walt' der liebe Gott! Jesu, Jesu. Jesu! hilf mir heute streiten zu
deines Namens Ehre!" Dann zog er den Degen, und mit dem Kom-
mando: „Vorwärts!" führte er den rechten Flügel gegen die Landstraße,
aus deren Gräben das Geschütz Wallensteins Tod und Verderben sprühte.
Über die Leichen der Ihrigen erreichten dennoch die Schweden die Land-
straße. Da, als der König selbst schon unter den Ersten über die Gräben
vorgedrungen war, erhielt er die Nachricht, die feindliche Reiterei habe
sein siegreiches Fußvolk, das Mitteltreffen, über die Straße zurückgedrängt,
«ofort eilte er demselben an der Spitze eines Reiterregiments zu Hülfe.
Nur acht Reiter vermochten dem Jagenden zur Seite zu bleiben. So
kam er zwischen die kaiserlichen Reiter. Da traf ihn eine feindliche
Kugel in den linken Arm. und gleich darauf erhielt er einen Pistolen-
schuß in den Rücken. Mit dem Seufzer: „Mein Gott, mein Gott!"
sank der tödlich getroffene Held vom Pferde. Das mit Blut übergossene
Roß des Königs sprengte durch die Reihen der Schweden und ließ diese
den Tod des Königs ahnen. Da rief Bernhard von Weimar: „Ihr
Schweden, ihr Finnen, ihr Deutschen! der Held ist gefallen, der für
unsere Freiheit gestritten. Für mich giebt es kein Leben mehr, wenn ich
seinen Tod nicht rächen soll! Wohlan denn! Greift unverzagt den Feind
an, und wer beweisen will, daß er den König lieb gehabt, der thue
es jetzt!" So führte er die rachedurstigen Scharen zum zweitenmal
über die Gräben zu einem furchtbaren Gemetzel: der feindliche General
Piccolomini bestieg schon bluttriefend das fünfte Pferd; da fiel auch
Pappenheim, der an der Spitze von 8 Reiterregimentern die siegreichen
Schweden zurückschlagen wollte, auf den Tod verwundet vom Rosse.
Denjenigen, die ihm den Tod Gustav Adolfs bestätigten, sagte er sterbend:
„So sagt dem Herzog von Friedland, daß ich vergnügt sterbe, da ich
unsern gefährlichsten Feind mit mir getötet weiß." Jetzt gerieten die
Kaiserlichen wieder in Unordnung, die noch dadurch vermehrt wurde,
daß eine Menge kaiserlicher Pulverwagen von den Schweden mit fürchter-
lichem Geprassel in die Luft gesprengt wurde. Bei einbrechender Nacht
wandte sich das ganze Heer zü ordnüngsloser Flucht, auch Pappenheims
eben ankommendes Fußvolk mit sich fortreißend; allenthalben hörte man
schreien: „Die Schlacht ist verloren, der Pappenheimer ist tot, die Schweden
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard_von
Weimar Gustav_Adolf Gustav Adolf Häuflein Bernhard_von_Weimar Piccolomini Gustav_Adolfs Gustav Adolfs
Extrahierte Ortsnamen: Ostfriesland Luthers Jesu Jesu Schweden Schweden Schweden Pappenheim Friedland Schweden